Es pfeifen die Spatzen von den Dächern: Die derzeit betriebene Ausschreibung für den Bürgermeisterposten und einen weiteren hauptamtlichen Beigeordneten ist reine Makulatur. Hinter den verschlossenen Türen des Büros von Eisenachs neuer Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke) soll es der Gerüchteküche zufolge längst einen Kuhhandel geben. Denn Wolf hat ein Problem: Sie verfügt über keine Mehrheit im Stadtrat. Weil sie sich schon in den ersten Wochen ihrer Amtszeit Feinde machte und andere ihr Macht demonstrieren wollten, ließ eine deutliche Mehrheit der Stadträte in der letzten Sitzung des Rates ihren Kandidaten für den bedeutungslosen Posten des stellvertretenden Stadtratsvorsitzenden, Erwin Jentsch (parteilos für Linke), eiskalt in zwei Wahlgängen durchfallen. Diesen Denkzettel muß Wolf verstanden haben. Mehr als zuvor wird ihr klar geworden sein, daß sie sich mit anderen ins Bett legen muß. Und dabei sollen offenbar alle politischen Hemmungen fallen: Ihrem Karriereinstinkt folgend soll sich die CDU-Fraktionsvorsitzende Regina Müller seit Wochen fast täglich zur Audienz bei Katja Wolf begeben. Das kommt nicht von ungefähr. Die Große Koalition ist tief zerstritten und porös und bei ihrem Arbeitgeber, der Diakonie, ist karrieremäßig ein Ende der Fahnenstange erreicht. Zudem avisierte ihre Koalitionskollegin Christiane Winter (SPD) einen begehrten Posten in der Stadtführung, weil auch ihr weitere Aufstiegsmöglichkeiten im St.-Georg-Klinikum nicht zur Verfügung stehen werden. Doch Winter, gemeinhin als „schwierig“ und wenig „teamfähig“ bekannt, war für Katja Wolf ein „No Go“. Damit war die SPD raus. Das könnte das entscheidende Vakuum für Müller gebracht haben. Andere Fraktionen haben mit weitsichtigem Blick auf eine größtmögliche Unabhängigkeit zur Stadtratswahl 2014 bereits vorher abgewunken. Bleibt die CDU und mit ihr eine Fraktionsvorsitzende, die alles andere als politisch ist. Die profillos immer so verstanden werden muß, daß sie gerne „Everybodys Darling“ wäre. Ihre Anbiederungsversuche an andere und einhergehend die Preisgabe jedweden christdemokratischen Profils in der Wartburgstadt, mißfallen ganz offensichtlich so einigen einflußreichen Mitfraktionären. Aber die Dame wäre nicht Regina Müller, wenn sie nicht zugunsten von Macht und Geld auch bereit wäre, über dieses Stöckchen zu springen. Und in die Fußstapfen der alteingesessen Sozialbürgermeisterin Ute Lieske paßt sie gut. Schließlich haben beide ein besonderes Faible für teure Mode und Accessoires in besonderen Größen. Und nun darf man die Ausschreibungsunterlagen für die Stelle des Sozial- und Kulturdezernenten nicht nur als „Insider“ durchaus so lesen, als wäre die Stelle geradezu auf sie zugeschnitten. Und selbst wenn es weitere Bewerber geben wird, was trotz der gereizten Stimmung im Eisenacher Rathaus zu hoffen bleibt, hat am Ende immer noch der Stadtrat das Wort. Und mit einem Kuhhandel von CDU und Linken könnte die notwendige Mehrheit knapp erreicht werden. Das Ende der „Großen Koalition“ wäre damit besiegelt, Regina Müller am Ziel ihrer Träume angelangt und eine Mehrheit für Wolf gesichert. Und es wäre der Beginn einer denkbar kurzen Ehe, die widernatürlicher nicht sein könnte.

Bleibt aber noch der Posten des Bürgermeisters, der künftig nach dem Willen Wolfs auch für Finanzen zuständig sein soll. Hier sind die Anforderungen etwas höher gestellt. Aber wie es der Zufall so will, passen sie auch auf Jemanden, der zumindest neuerdings kein Unbekannter im Eisenacher Rathaus mehr ist. Kurz nach ihrem Wahlsieg kam der bisherige Kommunalexperte der Linken-Landtagsfraktion, Sascha Bilay, in den Genuß einer dreimonatigen Einstellung als Büroleiter der Oberbürgermeisterin im Eisenacher Rathaus. Es sollte so aussehen, als wenn Bilay als langjähriger Vertrauter Katja Wolfs lediglich zur Einarbeitung in der Anfangsphase Wolf unterstützen sollte. Doch inzwischen gilt als sicher, daß dieser der Wunschkandidat der Oberbürgermeisterin für die Stelle des Bürgermeisters ist. Das ist nicht erst seitdem bekannt, als NPD-Stadtrat Patrick Wieschke Katja Wolf während der letzten Sitzung mit dieser naheliegenden Vermutung konfrontierte und dafür ein verlegenes Lächeln von ihr erntete. Der Buschfunk tönt es schon länger so. Schließlich fallen in das Ende des Arbeitsvertrages von Bilay mit der Stadt Eisenach auch die Dezernentenwahlen im Stadtrat. Ein Schelm wer Böses dabei denkt, etwa das sich Bilay dann nicht nur als ausreichend qualifiziert, sondern auch als eingearbeitet darstellen kann.

Wolf wird, wenn sich all das so bestätigt, also nicht auf Qualität und Kompetenz setzen, sondern mit faulen Kompromissen eine Mehrheit für ihre Jünglinge und Parteigenossen organisieren und sich eine eigentlich vollkommen gegensätzliche Partei einkaufen. Es ist das alte Spiel, das wir nicht erst seit Matthias Doht in Eisenach kennen. Und es macht die Schwächen der repräsentativen Demokratie gegenüber anderen Demokratieformen und einer echten Volksherrschaft deutlich und belegt: Katja Wolf wird in Eisenach nichts ändern. Nicht nur, weil sie Zeit ihres Lebens eine echte sozialversicherungspflichtige Arbeit vermied und ihr der Blick auf die Realität des heutigen Alltags fehlt, sondern auch, weil ihr vorgeblicher Veränderungswille dort auf Grenzen stößt, wo es gilt, Macht zu zelebrieren und das eigene Ego zu stärken. Denn ob sie nun Andreas Bausewein oder eben Regina Müller heißen mögen: Katja Wolf legt sich mit dem ins Bett, der ihrer Person am meisten nützen kann.

Am Ende könnte all das womöglich als modifizierte Vertragserfüllung einst „geheimer“ Zusatzvereinbarungen der Großen Koalition verkauft werden. Eine solch auf naive Zeitgenossen zugeschnittene Argumentation wäre in jedem Fall Regina Müller zuzutrauen. Denn in einer Zusatzvereinbarung der Großen Koalition war seinerzeit geregelt, daß das Vorschlagsrecht für die beiden Dezernentenposten dem Stärkeverhältnis bei der OB-Wahl nach geregelt sein soll. Dem Wahlergebnis nach also erst der Linken und dann der CDU. Den Vertrag könnte man zumindest in Teilen also dann auf die langfristig inkompatible rotschwarze Zweckehe projizieren.

Die NPD könnte diesem Treiben entspannt zuschauen, wird sie doch einer der Nutznießer einer linken Herrschaft in Eisenach und einem Zerfall bisheriger politischer Bündnisse sein. Doch dafür liegt den Nationaldemokraten Eisenach viel zu sehr am Herzen. Und ihr Auftrag lautet schließlich: Filz, Korruption und Vetternwirtschaft ans Tageslicht zu befördern. Einen wahren Grund muß es ja geben, warum die NPD-Vertreter von Wolf und Co. gehasst werden, wie das Weihwasser vom Teufel.