Von der Realität eingeholt glaubt sich Katja Wolf, die bis zur Stichwahl am 6. Mai selbst nicht glaubte und schon gar nicht wollte, daß sie Oberbürgermeisterin der klammen Stadt Eisenach wird. Nun ist sie es seit wenigen Wochen und wirkt schon jetzt glücklos. Von einem Fettnäpfchen ins Nächste tretend – was von der hofberichterstattenden Lokalpresse freilich geflissentlich verschwiegen wird – läßt sie keinen Versuch aus, Unangenehmes wie den TAV-Vorsitz oder die Hoheit über die städtischen Finanzen von sich zu schieben. Doch so einfach ist es nicht und inzwischen haben wir Eisenacher zumindest in einem Punkt Klarheit: Die Steuern sollen erhöht werden.
Wir erinnern uns:
„Ich will: Ein bezahlbares Eisenach, weil der immer neue Dreh an der Steuerschraube die Probleme der Stadt nicht löst.“ (Quelle: Wahlkampfflugblatt Katja Wolf)
So tönte es Katja Wolf im Wahlkampf. Nicht in dem von 2009 und auch nicht in dem von 2004. Sondern im Wahlkampf von 2012, der sie am Ende zum Stadtoberhaupt krönte. Garnicht lange her also. Nicht mal drei Monate später liest sich das so:
„Dazu gehören auch Entscheidungen über städtische Steuererhöhungen. ´Wir müssen die Stadt wieder in die Lage versetzen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Erst dann können wir überhaupt eigenständig handeln´, sagt Oberbürgermeisterin Katja Wolf. Auf dem Weg dahin müssten auch unangenehme Entscheidungen getroffen und die eine oder andere Kröte geschluckt werden.“ (Quelle: Elektronisches Eisenacher Amtsblatt v. 02.08.2012)
Offenbar blickt die Dame nicht nur auf ihren Erfurter Amtskollegen Andreas Bausewein (SPD) auf, sondern auch auf den SPD-Politiker Franz Müntefering. Dieser durfte einmal damit zitiert werden, daß er es unfair findet, wenn Politiker nach der Wahl an ihren Wahlversprechen gemessen werden.
Bleibt zu hoffen, daß die Betroffenen so „unfair“ sind und sich an ein Zitat von Matthias Claudius erinnern: „Beurteile einen Menschen lieber nach seinen Handlungen als nach seinen Worten, denn viele handeln schlecht und sprechen vortrefflich.“
Dem bleibt nur noch eine Frage hinzufügen:
Gibt es noch Wähler mit Langzeitgedächtnis? Denn die nächste Wahl ist noch weit weg und das weiß auch Katja Wolf, sonst würde sie erneut ihr Flugblatt drucken.